Vogelmiere Stellaria media

 

Auszug aus Gerhard Maddaus 1938 

Lehrbuch der biologischen Heilmittel:

 

Geschichtliches und Allgemeines:
Einige der mittelalterlichen Botaniker hielten die Pflanze für die Alsine des D i 0 s k u r i d e s und veranlaßten daher ihre Einführung in die Offizinen. C. Bau hin nannte sie zuerst Alsine media, um sie von größeren und kleineren verwandten Arten, die denselben Namen führen, zu unterscheiden. Das Kraut fand als Herba Alsines oder Herba Morsus gallinae gegen Schwindsucht, Hämorrhoiden, als Stärkungsmittel für Rekonvaleszenten usw., äußerlich gegen Entzündungen, Milchstockungen und als Wundkraut Verwendung.

Wirkung

B 0 c k‘) empfiehlt das Kraut alIen nach Krankheit abmagernden und ver- fallenden Patienten, aber auch Kindern mit schwerem Fieber, Spasmen und den sogenannten Gichtern. Äußerlich läßt er es bei „hitzigen Wunden und Schäden“ auflegen, in Form einer kühlenden Salbe bei „hitziger lebern und anderen hitzigen schaden“.

M a t t h i 0 I U S2) gibt das Mittel außerdem bei den „schwindsüchtigen Fiebern / Lecticis genannt“,

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Nach 0 s i a n d e r ) solI StelIaria media ein Bremer V olksmittel gegen

Konvulsionen der Kinder sein.
S c h u I Z4) gibt als Indikationen für den volkstümlichen Gebrauch an:

Hydrops, Anasarka (zur Steigerung der Diurese). äußerlich: Wundbehand-

lung,

D rag end 0 r f P) nennt weiterhin noch: Hämorrhoiden, Blutkrankheiten, Exantheme, Augenentzündung.
Nach G. G. W eg e n er“) verdanken wir Ernst F i eck in Hamburg wertvolle Versuchsresultate über die erfolgreiche Anwendung bei ärztlich nachgewiesener Lungenschwindsucht. Weiter soll sich nach dem gleichen Autor dieses Mittel in Wörishofen bei Elephantiasis bewährt haben. W eg e n e r ist der Meinung, daß es notwendig ist, daß Kliniker, prak- tische Ärzte und Kräuterkundige eingehende Versuche mit diesem Heil- mittel machen.

In der Homöopathie wird Stellaria media vorwiegend gegen Rheumatis- mus mit stechenden Schmerzen, Gicht, Hepatitis und Psoriasis ange- wandt‘).

Saponin konnte in der Pflanze nicht nachgewiesen werdenS).
Die Asche des Krautes enthält etwa 13% Mineralbestandteile, darunter

ziemlich viel Kaliumsalze und Chlor9).

Verwendungin der V0 Iksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

No r weg e n : Äußerlich zu Umschlägen auE Geschwülste und Beulen. P o l e n : Als selten angewandtes Diuretikum bei Nierenleiden.
U n gar n: Bei Diphtherie und Angina.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Man verordnet Stellaria media als Unterstützungsmittel bei Lungenkatarrh, Phthisis pulmonumund Häm0 ptise. Äußerlich wird die V ogelmiere zu Umschlägen und W aschungen bei schlecht heilenden Wunden, Geschwüren, Hautausschlägen der Kinder, Trübung der Hornhaut und Nasenbluten gebraucht.

Sie wird meist im Teegemisch verordnet, kann aber auch als Salat ge- nossen werden.

1) Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 142.

2) ‚ ) 4) 5) 6)

Matthiolus , New-Kreuterbuch, 1626, S. 391.
Osiander, Volksarzneymittel, S. 286.
Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. ArzneipfI., S. 115. Dragendorfl, Die HeilpfI. d. verseh. Völker u. Zeiten, S.