Beifuß (Artemisia vulgaris)

Der Beifuß war bei unseren Vorfahren ein beliebtes Gewürz insbesondere zu fetten Speisen. Er schmeckt auch in Kombination mit Pilzen famos. Um seine Wirkung voll entfalten zu können, soll er erhitzt werden.

2015 bekam die Hälfte des Nobelpreises die chinesische Pharmazeutin Youyou Tu. Sie  fand schon in mehrere hundert Jahre alten Lehrbüchern der Traditionellen Chinesischen Medizin Hinweise darauf, dass eine Pflanze – der Einjährige Beifuss (Artemisia annua) – wirksam gegen Malaria ist. Mit dem Handwerkszeug der modernen Wirkstoffforschung konnte die Wissenschaftlerin Artemisinin als den Wirkstoff identifizieren, der Malaria-Erreger in einem frühen Stadium tötet.

 

Inhaltsstoffe:
Ätherisches Öl: Hauptbestandteile sind Kampfer, Thujon, 1,8-Cineol und Linalool.

Sesquiterpenlactone: Vulgarin, Psilostachyin.

Flavonoide: Quercetin, Rutin.

Hydroxycumarine: Umbelliferon, Aesculetin.

Sonstige: Polyine, Triterpene, Carotinoide.

Hildegard von Bingen:

Vom Beifuß

Der Beifuß ist sehr wärmend sein Saft ist sehr nützlich, und wenn er gekocht wird und in Mus gegessen wird, heilt er kranke Eingeweide und er wärmt einen kranken Magen.

Aber wenn jemand ißt und trinkt und davon Schmerzen bekommt, dann koche er mit Fleisch, oder mit Fett oder in Muster in einer anderen Würze oder Gemisch dem Beifuß und und esse ihn und diese Fäulnis, die (der Kranke) sich durch frühere Speisen und Getränke zugezogen hat, nimmt er weg und vertreibt sie.

Gerhard Maddaus (1938):

Botanisches:

Der Gemeine Beifuß erreicht eine Höhe von 100-150 cm. Er hat einen nicht kriechenden Wurzelstock. Die unterseits weißfilzigen, oberseits kahlen einfach oder doppelt federteiligen Blätter haben lanzettliche oder linealische, einge- schnittene oder gesägte Zipfel. Der aufrechte Stengel ist ausgebreitet-ästig und oft dunkelbraunrot gefärbt. Die graufilzigen Blütenköpfchen sind eiförmig oder länglich. Hüllblätter am Rande ohne trockenen Saum. Die Blütenkronen sind gelb oder rotbraun. An Wegrändern, Abhängen, Hecken und in Gebüschen ist die Pflanze nicht selten. Blütezeit: August bis September. Verbreitungsgebiet: Europa, Nordasien, Amerika. Die auf nährstoffreichem Sand-, Kies- und Lehmboden wachsende Staude ist oft an Jaucheplätzen zu finden. Gelegentlich benutzt sie andere Pflanzen als Unterlage, ohne auf ihnen zu schmarotzen (Epiphyt). Die eurasischen Formen bevorzugen feuchte, die amerikanischen hingegen trockene Stellen.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die alten Griechen und Römer( Hipokrates, Dioskurides, Plinius, GaIenus) sprechen von einer Artemisia hauptsächlich als gynäkologischem Mittel. Es läßt sich jedoch nicht nachweisen, ob damit die Artemisia vulgaris oder eine der anderen Artemisiaarten gemeint ist. Der Gallier Marcellus (Bordeaux, 4. Jahrhundert n. Chr.) gibt den Rat, die Artemisia vor Sonnenaufgang mit der linken Hand aus der Erde zu ziehen und sich damit die Lenden zu gürten; das sei ein sicheres Mittel gegen Lendenschmerzen. In einem angelsächsischen Zaubersegen findet man die Mugwort (= Artemisia vulgaris, vielleicht Artemisia absinthium) an erster Stelle:

„Erinnere dich, Beifuß, was du verkündetest,
Was du anordnetest in feierlicher Kundgebung.
Una heißest du, das älteste der Kräuter;
Du hast Macht gegen 3 und gegen 30,
Du hast Macht gegen Gift und Ansteckung,
Du hast Macht gegen das Übel, das über das Land dahinfährt.“

Weiter wird erzählt, daß ein aus Wurzeln geflochtener Gürtel, der sogenannte „Johannisgürtel“, wenn er von einem Kranken in die Flammen des Johannis- feuers geworfen würde, alle Leiden des Patienten auf das Feuer überträgt.
Die Kräuterbücher des 16. Jahrhunderts verwerfen aber schon allgemein den Beifußaberglauben. Im Mittelalter galt er als gynäkologisches Mittel, wurde aber auch gegen Hunde- und Schlangenbisse und Wassersucht verwandt. Der Extrakt aus den gepulverten Nebenwurzeln wurde bei Epilepsie gebraucht. Nach Taberaemontanus wurde die Wurzel um den Hals getragen gegen die von Dämonen erzeugten Krankheiten (Epilepsie). Camearius ernpfahl den Preßsaft zur Behandlung von Schußwunden, Tournefort ein Rezept gegen Hysterie. Bei den kalifornischen Indianern ist die subsp. heterophylla schon lange gegen Erkältungen, Fieber und Rheumatismus in Gebrauch. Beifußkissen wurden bei Schlaflosigkeit gebraucht. In Europa wird er heute sehr viel als Gewürz bei Gänsebraten benutzt. (Gerhard Madaus)

Da seine Wirkung nach 20 Minuten erhitzen am besten ist, macht es Sinn ihn zum Würzen einzusetzen. (Margret)

Wirkung

Den Beifuß schätzten schon Hippokrates, die hl. Hildegard von Bingen und Paracelsius hoch ein, sei es als Uterusmittel, als menstruationsförderndes, magenstärkendes, diuretisches, gelbsucht- und geschwulst- heilendes Mittel oder als Pflaster auf schmerzende Geschwüre.

Auch Lonicer  stellt die emmenagoge, uterusreinigende und geburterleichternde, namentlich nachgeburtbefördernde Wirkung der Artemisia (Kraut und Wurzel) in den Vordergrund, erwähnt aber auch ihre harn- und steintreibende, magenerwärmende, nieren-, blasen- und lungenreinigende, hustenlindernde Kraft und ihre weitere Anwendung gegen Gelbsucht und die „verstopffung der innerlichen Glider I ‚“ die von einer kalten matri kompf‘.

Mattio fügt dem noch hinzu, daß der Beifuß „dem kalten Gifft Opio widerstrebt“.
Nach v. Haller hält man ihn für ein „besonders gutes Wund- und Mutterkraut“.

Weinman  weiß sogar von einem Fall zu berichten, wo durch Verabreichung von Beifuß eine Menstruation nach 10jähriger Pause wieder eintrat.
Eingehend mit der Artemisia und insbesondere mit ihrer Wirkung bei Epilepsie beschäftigten sich G. E. Hermann**) und Reiling .

In den verschiedensten Gegenden Rußlands wird der Beifuß, wie W. Deitscht) berichtet, bei Frauenkrankheiten, insbesondere bei Menstruationsanomalien und zur Erleichterung der Geburt, und bei Epilepsie angewendet. Außerdem wird er gegen Kopfschmerzen und als Diaphoretikum benützt.

Auch bei 0siander, Rademacher und Hufeland wird der Beifuß erwähnt, von letzterem namentlich bei Epilepsie angewandt und auch von seinen Anhängern bei diesem Leiden mit Erfolg verordnet. U. a. empfahl sein Mitarbeiter Burdach/Triebel, Artemisia bei Epilepsie, warnt aber vor zu starken Gaben, weil diese reizend auf das Gefäßsystem wirkten.

 

 

In neuerer Zeit hat sich Bohn wieder mit der Beifußwurzel befaßt und empfiehlt sie als Heilmittel bei Epilepsie, die von einer Reizung des Rückenmarks herrührt, ebenso bei Chorea minor, namentlich bei asthenischen Patienten. Dagegen soll die in der Wachstumsperiode junger Männer vorkommende Epilepsie durch Beifuß eher verschlimmert werden.

Auch Inverni berichtet, daß in Italien die emmenagoge Wirkung auf den Uterus bekannt ist und verwertet wird, insbesondere bei Dysmenorrhöe und Amenorrhöe. In der Stillperiode soll der Beifuß nicht angewandt werden, da die Milch bitter würde.

Auch Schulz erwähnt Artemisia vulgaris als altes Volksmittel gegen Epilepsie, außerdem werde der Tee gegen falsche Wehen getrunken.
über die Verwendung der Artemisia vulgaris in der chinesischen Medizin schreibt Hübotter, daß sie die kalte Feuchtigkeit vertreibt, den Uterus und die Körpermitte wärmt, alle Arten von Blutungen zum Stehen bringt, den Uterus beruhigt, die Menstruation regelt, den Ausfluß aus der Vagina stillt, die „Langeweile“ beseitigt, Leibschmerzen, kalte Durch- fälle, Cholera, Aussatz heilt, Schlangen tötet. Bei fieberhaften Krankheiten ist der Gebrauch kontraindiziert. Die alte Droge wird zu Moxen verarbeitet (vgl. Geschichtliches) und mit Essig aufgekocht innerlich ge- geben. Auch die frische Pflanze wird mit Essig zur Medizin verarbeitet.

In der Homöopathiet) wird der Beifuß bei Epilepsie mit häufigen Anfällen nach langen Pausen, und bei Augenstörungen (Farbempfindlichkeit) gebraucht.
Die bei den älteren chinesischen Schriftstellern erwähnte Droge Yin-ch’en- hao soll zu Stammpflanzen Artemisia vulgaris, Artemisia abrotanum, Artemisia capillaris und zwei andere nicht feststellbare Species haben“).

Als vorwiegend wirksame Bestandteile enthält die Wurzel Inulin, Gerbstoff, Harz und etwa 0,1% ätherisches öl, das Kraut 0,2% und weniger ätherisches öl, Beifußöl mit Cineol, wahrscheinlich auch Thujon, Paraffin, Aldehyde’5)

 

Verwendungin der VoIksmedizin außerhalb Deutschlands (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Als Emmenagogum, gegen Husten; äußerlich als Bad zur Stärkung geschwächter und ermüdeter Glieder.

Italien : Gegen Epilepsie.

Norwegen Bei Frauenleiden und bei der Entbindung.


Polen: Bei Nervenkrankheiten und Epilepsie.


Steiermark : Mit Rosmarin zusammen als Abortivum.


Ungarn: Gegen Blasen- und Nierenkatarrh, im Puerperium.

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Dilthy hatte Erfolge bei starker Verschleimung und Übersäuerung. Als allgemein tonisierendes Mittel wird Artemisia insbesondere bei Neurasthenie, Chlorose, Anämie, Gedächtnisschwäche und Schwindel angewandt.

Schließlich wird auch Asthenopie (zu äußerlichen Augenwaschungen gern in Verbindung mit Euphrasia) günstig beeinflußt.
Reuter, Greiz, läßt bei Diabetes älterer Leute dreimal täglich 1 Tasse von 5 g der Wurzel monatelang trinken.